Pionierprojekt mit Beispielswirkung: keine Grünflächen beansprucht
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Mit knapp 20.000 Wohnungen für mehr als 40.000 Bewohnerinnen und Bewohner ist die städtische Linzer Wohnungsgesellschaft GWG eine der größten gemeinnützigen Wohnungsgesellschaften in Österreich. Dem nach wie vor ausgeprägt starken Wohnungsbedarf in Linz trägt die GWG Linz mit zahlreichen Neubauprojekten Rechnung. Ein herausragendes Beispiel dafür ist das Projekt „Wohnen am Weidingerbach“ im Herzen des Linzer Stadtteils Auwiesen.
Durch die Aufstockung des Nahversorgungszentrums Auwiesen sind hier 63 Mietwohnungen entstanden. Errichter ist die J. Brandstetter Bauträger Beteiligungen GesmbH als Eigentümerin des Nahversorgungszentrums. Das Projekt wurde im Juni 2022 fertiggestellt. Das Besondere an diesem Projekt, das auch mit Mitteln der Wohnbauföderung errichtet wurde, ist seine Nachhaltigkeit. Es handelt sich um ein Pionierprojekt, das in vielerlei Hinsicht punkten kann.
Das gesamte Bauprojekt entsteht auf den bestehenden Strukturen eines Einkaufszentrums. Für den Bau sind also keinerlei Grünflächen zu bebauen oder zu versiegeln. Es handelt sich um die erste Wohnanlage, die nicht auf der grünen Wiese, sondern auf einer bereits versiegelten Fläche errichtet wird.
Die „schwebende Betonplatte“, auf der die Wohnungen entstehen, wurde bereits im Mai 2021 fertiggestellt. Die gesamte Bauzeit beträgt dank der durchdachten Konstruktion nur ein Jahr.
Das Bauvorhaben verfügt über eine Straßenbahn- und Bushaltestelle vor der Haustür. Im darunterliegenden Nahversorgungszentrum wartet ein Geschäftsangebot, das vom Supermarkt bis zur Apotheke reicht. Die vorhandene Tiefgarage bietet freie Kapazitäten für die Mieter*innen. Das Nahversorgungszentrum wird revitalisiert und der Branchenmix den Bedürfnissen der Kundinnen und Kunden angepasst. Dazu gehören neben zeitgemäßen Einkaufsmöglichkeiten auch Gesundheitseinrichtungen wie eine Apotheke und die Haltestellen der öffentlichen Verkehrsmittel.
Die dreigeschossige Aufstockung in Holzhybridbauweise wird auf eine Konstruktion in Form eines an allen Seiten offenen Geschosses aufgesetzt. Die moderne Holzhybridbauweise erfüllt alle Anforderungen der Bauphysik und des Wohnkomforts. Neben hoher Standsicherheit, Feuchte-, Schall- und Brandschutz verfügt das Projekt auch über eine gute Wärmedämmung und -speicherung. Zudem wird die Errichtungszeit möglichst kurzgehalten. Durch den hohen Vorfertigungsgrad der Halbfertigteile wird die Anzahl von Bautransporten, die Gesamtbauzeit und damit die Lärmbelästigung für Anrainer*innen stark gemindert.
Die KFZ-Stellplätze für die künftigen Bewohnerinnen und Bewohner werden in der vorhandenen Garage geschaffen – in baulicher Abtrennung zu den Garagenflächen des Nahversorgungszentrums. Ebenso getrennt wird auch der Zugang zu den Wohnungen angelegt, optimale Voraussetzungen also für ein ungestörtes Miteinander.
Die Errichtung der dreistöckigen Wohnanlage erfolgte durch die Kapl Bau GmbH. „Die gute Zusammenarbeit bei der ökologischen, innerstädtischen Entwicklung im Sinne der Schaffung von leistbarem Wohnraum hat uns zur Gründung der Urbanica Stadtentwicklungs GmbH veranlasst“, erzählt Brandstetter und berichtet von wachsendem Interesse an derartigen Konzepten sowie konkreten Anfragen u.a. aus der Bundeshauptstadt. „Wir freuen uns, dass unser Leuchtturmprojekt sogar bis nach Wien strahlt“, zeigen sich für die GWG auch Pfeil und Stadler zufrieden.
Die Vorgabe der GWG, leistbare Wohnungen anzubieten, konnte bei dem in einem Jahr Bauzeit errichteten Projekt, das insgesamt 9, 7 Millionen Euro gekostet hat, erreicht werden. ,,Mit einer Miete von 9,10 Euro inklusive Betriebskosten und Steuer pro Quadratmeter liegen wir klar unter normal üblichen Preisen", sagten die GWG-Geschäftsführer Wolfgang Pfeil und Nikolaus Stadler. Übrigens: Zur "normalen" Förderung des Wohnprojektes in der Höhe von 4,2 Millionen Euro kam auch noch eine Sonderförderung des Landes von einer Million Euro. Auf diese Weise sei der spezielle Preis für die Mieter auch möglich gewesen.
Jeder m3 Beton hat 200 kg CO2 graue Energie in sich, also Energie, die für die Herstellung und die Errichtung notwendig war. Reißt man die bestehende Bausubstanz ab und baut sie neu, verdoppelt sich diese Menge in der CO2 Bilanz und käme damit auf gesamt knapp 1.300 t CO2, was 500 Flugreisen von Frankfurt über Dubai nach Sydney entspricht. Nutzt man hingegen den Bestand, erspart man sich die gesamte graue Energie vom Beton, die Neuerrichtung der gesamten Versorgungs-Infrastruktur, wie etwa der Anschluss an das Kanalnetz, sowie den Abtransport der abgebrochenen Bausubstanz von insgesamt fast 400 LKW-Fuhren.
Österreich verbaut und versiegelt jeden Tag eine Fläche von etwa 12 ha, auf Oberösterreich fällt davon 1 ha. Das entspricht der Größe von 17 Fußballfeldern. Dabei ist unbebauter Boden notwendig für die Aufnahme von CO2 aus der Atmosphäre und die Versickerung von Niederschlag, vor allem bei der derzeit steigenden Häufigkeit von Unwettern. Jeder m2 verbauter Boden verliert die Fähigkeit, 200 l Regenwasser aufzunehmen. Würden alle Wohnungen, die auf das EKZ Auwiesen aufgestockt werden, auf noch unbebauter Fläche errichtet, gingen 7.000 m2 fruchtbarer Boden verloren, die Größe eines ganzen Fußballfelds, das entspricht einer Regenmenge von 1,4 Mio. Litern, die nicht mehr aufgenommen werden könnten.
Da in direkter Nähe das öffentliche Verkehrsnetz der Linz AG Linien liegt, besteht die Möglichkeit für die Bewohner*innen, auch hier große Mengen CO2 einzusparen. Die Nutzung der öffentlichen Verkehrsmittel ist dabei auch kostengünstig und spart zudem Zeit. Außerdem trägt der Personenverkehr zu einem erheblichen Teil zum klimaschädlichen Treibhausgasausstoß bei. Vor allem der Individualverkehr schlägt erheblich beim Ausstoß von CO2 und anderen Treibhausgasen zu Buche, denn 59 % aller Wege werden hier mit dem Auto zurückgelegt. Außerdem kann davon ausgegangen werden, dass der öffentliche Verkehr in den nächsten Jahren massiv ausgebaut und attraktiver gemacht wird, zum Beispiel durch das ab Herbst erhältliche Klimaticket, mit dem der öffentliche Verkehr in fast ganz Österreich mit nur einem Ticket genutzt werden kann.
Zusätzlich kommen die Wohnungen am EKZ Auwiesen, durch die gute Anbindung an das öffentliche Verkehrsnetz, mit nur 0,3 PKW-Stellplätzen pro Wohnung aus – lt. Bauordnung ist im Stadtgebiet eigentlich ein ganzer Stellplatz pro Wohneinheit vorgesehen. Und auch hier können die bereits bestehenden Parkplätze des Einkaufszentrums genutzt werden, da die Besucher*innen hier ohnehin zum Großteil klimafreundlich anreisen und Teile der Parkflächen leerbleiben.
Der Bau des bestehenden EKZ Auwiesen kommt auf insgesamt 634 t CO2 an grauer Energie, das entspricht dem Treibhausgas Ausstoß von über 900 Flügen von Wien nach Dubai. Holz im Vergleich dazu hat eine negative CO2 Bilanz. Im Laufe des Baumwachstums kann 1 m3 Holz eine ganze Tonne CO2 speichern und dauerhaft binden. Beim Projekt in Auwiesen kommt es damit zu einer Menge von über 500 Tonnen gespeichertem CO2, so viel wie 500 Flugreisen von Frankfurt nach New York City.
Ein zusätzlicher Vorteil der Holzhybrid-bauweise ist die extrem verkürzte Bauzeit – durch den hohen Vorfertigungsgrad der Halbfertigteile wird die Anzahl von Bautransporten, die Gesamtbauzeit und damit die Lärmbelästigung für Anrainer*innen stark gemindert.